Was ist Exkommunikation?
Die Exkommunikation ist eine Kirchenstrafe und seit frühester Zeit sowohl als Sühne- als auch als Besserungsmittel gedacht. Dem Täter soll durch die Exkommunikation die Schwere seiner Schuld bewusst werden und somit der Wille zur Umkehr geweckt werden. Die Autorität der Kirche Strafen auszusprechen ergibt sich aus der Binde- und Lösegewalt der Kirche, welche ihr Jesus Christus, der Herr verliehen hat: "Du bist Petrus und auf diesem Felsen will ich meine Kirche errichten und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Dir gebe ich die Schlüssel des Himmelreiches, und alles was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein." (Matthäus Kap. 16. Verse 16 bis 18).

Im Kirchenrecht unterscheidet man zwei Arten der Strafverhängung: Eine Strafe kann entweder gerichtlich (über den Verwaltungsweg) erklärt und auferlegt werden oder von selbst, das heißt von Rechts wegen eintreten.

Die gerichtlich oder über den Verwaltungsweg auferlegte Strafe nennt man

SPRUCHSTRAFE ( poena ferendae sententiae ),
welche den äußeren Rechtsbereich "forum externum" betrifft.

Die von selbst eintretende Strafe nennt man

TATSTRAFE ( poena latae sententiae )
welche den inneren Gewissensbereich "forum internum" betrifft.

+ + +

GÜLTIGKEIT DER EXKOMMUNIKATION ALS SPRUCHSTRAFE

Da sich die Exkommunikation als Spruchstrafe auf ein Vergehen bezieht, das allgemein bekannt ist ( = äußerer Rechtsbereich "forum externum" ), ist diese nur gültig aufgrund eines Gerichtsspruches nach einem ordentlichen Gerichtsverfahren vor der jeweils zuständigen kirchlichen Autorität (Kirchengericht "Rota"). In einer Rücknahme der Exkommunikation als Spruchstrafe wird der Exkommunikationsgrund und das festgestellte Nicht-Vorhandensein jenes Exkommunikationsgrundes explizit genannt und die nicht (mehr) existierende Exkommunikation öffentlich ( = äußerer Rechtsbereich "forum externum" ), schriftlich festgestellt.

+ + +

EXKOMMUNIKATION ALS TATSTRAFE

Die Exkommunikation als Tatstrafe wird so angedroht, daß sie mit der Begehung der Straftat eintritt. Der Täter spricht also mit Begehung der Tat sein eigenes Urteil. Die kirchliche Gemeinschaft weiß in diesem Fall unter Umständen (noch) nicht, daß durch ihn eine Straftat verübt worden ist. Dennoch ist der Täter in seinem Gewissen ( forum internum = innerer Gewissensbereich) verplichtet, die Wirkungen der Strafe an sich selbst zu vollziehen. Der Eintritt der Tatstrafe kann aber im nachhinein noch von der zuständigen kirchlichen Autorität im äußeren Rechtsbereich ( forum externum ) festgestellt werden.

+ + +

GÜLTIGKEIT DER EXKOMMUNIKATION ALS TATSTRAFE

Ist jemand aufgrund einer Tatstrafe exkommuniziert, dann ist er de facto und von Rechts wegen exkommuniziert und mit Vollendung der Straftat aus der Kirche ausgeschlossen.

+ + +

ALLGEMEINE RECHTSFOLGEN BEI EXKOMMUNIKATION (Spruchstrafe oder Tatstrafe)

"(...)Dem Exkommunizierten ist untersagt:

1. jeglicher Dienst bei der Feier des eucharistischen Opfers oder bei irgendwelchen anderen gottesdienstlichen Feiern;

2. Sakramente oder Sakramentalien zu spenden und Sakramente zu empfangen;

3. jedwede kirchlichen Ämter, Dienste oder Aufgaben auszuüben oder Akte der Leitungsgewalt zu setzen.
(...)" (CIC Can. 1331 §1).

+ + +

BESONDERE RECHTSFOLGEN BEI EXKOMMUNIKATION ALS SPRUCHSTRAFE

Bei Exkommunikation als Spruchstrafe ist auch die Straftat bekannt (also im forum externum - im äußeren Rechtsbereich). Dies hat weitere, für den Täter erschwerende Rechtsfolgen.

Wenn also die Exkommunikation als Spruchstrafe verhängt oder festgestellt worden ist,

"(...)
1. muß der Täter ferngehalten oder muß von der liturgischen Handlung abgesehen werden, wenn er der Vorschrift von § 1, n. 1 zuwiderhandeln will, es sei denn, es steht ein schwerwiegender Grund dagegen;

2. setzt der Täter ungültig Akte der Leitungsgewalt, die gemäß § 1, n. 3 unerlaubt sind;

3. ist dem Täter der Gebrauch vorher gewährter Privilegien untersagt;

4. kann der Täter gültig keine Würde, kein Amt und keinen anderen Dienst in der Kirche erlangen;

5. erwirbt der Täter die Erträge einer Würde, eines Amtes, jedweden Dienstes, einer Pension, die er etwa in der Kirche hat, nicht zu eigen.
(...)" (CIC can. 1331 §2)

+ + +

DIE EXKOMMUNIKATION ALS TATSTRAFE WIRD ANGEDROHT u.a. in folgenden Fällen lt. CIC Can. 1983:

"(...)
– Apostasie, Häresie und Schisma (CIC can. 1364)

– Verunehrung der heiligen (konsekrierten) Gestalten (CIC can. 1367)

– Gewalt gegen den Papst (CIC can. 1370 §1)

– Absolution des Mitschuldigen an einer Sünde gegen das sechste Gebot, die zwischen dem Beichtvater und dem Pönitenten begangen worden ist (sog. Absolutio complicis : can. 1378)

– Bischofsweihe ohne päpstliches Mandat (CIC can. 1382)

– Verletzung des Beichtgeheimnisses (CIC can. 1388)

– mit Erfolg durchgeführte Abtreibung (CIC can. 1398).
(...)"

Die Strafen für einzelne Straftaten sind den CIC Cann. 1364 bis 1398 zu entnehmen ==>

+ + +

STRAFFREIHEIT

"(...) Straffrei bleibt, wer bei Übertretung eines Gesetzes oder eines Verwaltungsbefehls:

1. das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat;

2. schuldlos nicht gewußt hat, ein Gesetz oder einen Verwaltungsbefehl zu übertreten; der Unkenntnis werden Unachtsamkeit und Irrtum gleichgestellt;

3. gehandelt hat aufgrund physischer Gewalt oder aufgrund eines Zufalls, den er nicht voraussehen oder, soweit vorhergesehen, nicht verhindern konnte;

4. aus schwerer Furcht, wenngleich nur relativ schwer, gezwungen oder aufgrund einer Notlage oder erheblicher Beschwernis gehandelt hat, sofern jedoch die Tat nicht in sich schlecht ist oder zum Schaden der Seelen gereicht;

5. aus Notwehr einen gegen sich oder einen anderen handelnden ungerechten Angreifer unter Beachtung der gebotenen Verhältnismäßigkeit abgewehrt hat;

6. des Vernunftgebrauchs entbehrte, unter Beachtung der Vorschriften der cann. 1324, § 1 n. 2 und 1325;

7. ohne Schuld geglaubt hat, einer der in den nn. 4 oder 5 aufgeführten Umstände liege vor. (...)" (CIC Can. 1323)

+ + +

HÄRTERE STRAFEN

"(...) Härter als Gesetz oder Verwaltungsbefehl es bestimmen, kann der Richter bestrafen:

1° denjenigen, der nach der Verhängung oder der Feststellung einer Strafe weiterhin in seinem strafwürdigen Verhalten verharrt, so daß aus den Begleitumständen vernünftigerweise auf sein Verharren im schlechten Wollen geschlossen werden kann;

2° denjenigen, der sich in einer höheren Stellung befindet oder der seine Autorität oder sein Amt zum Begehen einer Straftat mißbraucht hat;

3° einen Täter, der, obwohl eine Strafe für eine schuldhafte Straftat festgesetzt ist, den Ausgang vorhergesehen hat und gleichwohl Vorsichtsmaßnahmen zu ihrer Vermeidung unterlassen hat, die jeder Gewissenhafte angewendet hätte. (...)" (CIC Can. 1326 — § 1.)

+ + +

STRAFERLASS

" (...) Can. 1354 - § 1. Außer denen, die in den can. 1355—1356 aufgeführt werden, können alle, die von einem mit einer Strafe bewehrten Gesetz dispensieren oder von einem eine Strafe androhenden Verwaltungsbefehl befreien können, diese Strafe auch erlassen.

§ 2. Außerdem können Gesetz oder Verwaltungsbefehl, die eine Strafe festsetzen, auch anderen die Vollmacht zum Straferlaß übertragen.

§ 3. Wenn der Apostolische Stuhl sich oder anderen den Straferlaß vorbehalten hat, ist der Vorbehalt eng auszulegen.

Can. 1355 — § 1. Eine vom Gesetz bestimmte Strafe können, wenn sie verhängt oder festgestellt worden ist, unter der Voraussetzung, daß sie nicht dem Apostolischen Stuhl vorbehalten ist, erlassen:

1° der Ordinarius, der das Gerichtsverfahren zur Verhängung oder Feststellung der Strafe veranlaßt hat oder diese, selbst oder durch einen anderen, mit Dekret verhängt oder festgestellt hat;

2° der Ordinarius des Ortes, an dem sich der Täter aufhält, jedoch nach Rücksprache mit dem unter n. 1 genannten Ordinarius, es sei denn, dies ist außergewöhnlicher Umstände wegen unmöglich.

§ 2. Falls kein Vorbehalt des Apostolischen Stuhles besteht, kann der Ordinarius eine noch nicht festgestellte, aber durch Gesetz festgesetzte Tatstrafe seinen Untergebenen und denen erlassen, die sich in seinem Gebiet aufhalten oder dort straffällig geworden sind; dasselbe kann auch jeder Bischof in der sakramentalen Beichte.

Can. 1356 — § 1. Eine Spruch- oder Tatstrafe, die durch einen nicht vom Apostolischen Stuhl erlassenen Verwaltungsbefehl festgesetzt ist, können erlassen:

1° der Ordinarius des Ortes, an dem sich der Täter aufhält;

2° wenn die Strafe verhängt oder festgestellt worden ist, auch der Ordinarius, der das Gerichtsverfahren zur Verhängung oder Feststellung der Strafe veranlaßt hat oder sie, selbst oder durch einen anderen, mit Dekret verhängt oder festgestellt hat.

§ 2. Wenn es nicht außerordentlicher Umstände wegen unmöglich ist, muß vor dem Straferlaß mit dem Urheber des Verwaltungsbefehls Rücksprache genommen werden.

Can. 1357 — § 1. Vorbehaltlich der Vorschriften der cann. 508 und 976 kann der Beichtvater die nicht festgestellte Beugestrafe der Exkommunikation oder des Interdiktes, insofern sie Tatstrafe ist, im inneren sakramentalen Bereich nachlassen, wenn es für den Pönitenten hart ist, im Stande schwerer Sünde für den Zeitraum zu verbleiben, der notwendig ist, damit der zuständige Obere Vorsorge treffen kann.

§ 2. Bei der Gewährung des Nachlasses hat der Beichtvater dem Pönitenten die Pflicht aufzuerlegen, unter Androhung des Wiedereintritts der Strafe, sich innerhalb eines Monats an den zuständigen Oberen oder an einen mit der Befugnis ausgestatteten Priester zu wenden und dessen Auflagen nachzukommen; inzwischen hat er eine angemessene Buße und, wenn es dringend ist, die Wiedergutmachung des Ärgernisses und des Schadens aufzuerlegen; der Rekurs aber kann ohne Namensnennung auch durch den Beichtvater erfolgen.

§ 3. Dieselbe Rekurspflicht trifft nach ihrer Genesung jene, denen gemäß can. 976 eine verhängte oder festgestellte oder dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Beugestrafe nachgelassen worden ist.

Can. 1358 — § 1. Eine Beugestrafe kann nur einem Täter erlassen werden, der gemäß can. 1347, § 2 die Widersetzlichkeit aufgegeben hat; einem solchen aber kann der Nachlaß nicht verweigert werden.

§ 2. Wer eine Beugestrafe erläßt, kann gemäß can. 1348 verfahren oder auch eine Buße auferlegen. (...)" (CIC Can. 1354 bis Can. 1358)

- - -

Quelle: Mit "CIC Can." bezeichneten Zitate sind entnommen aus Codex Iuris Canonici (CIC 1983) online ==> http://www.codex-iuris-canonici.de

(PH)